Folgendes Szenario: Du stehst an der Haltestelle und wartest auf den Bus. Ein paar Schneeflocken fallen sanft zu Boden. Dein Blick schweift locker durch die Gegend, bleibt an einem Plakat hängen: Darauf steht: “Schreib dein Buch”.
Das Leben als Bestseller-Autor
“Schreib dein Buch”, heißt es in Berlin. “Schreib dein Buch” liest man auch in Hamburg und anderswo. In mehreren größeren deutschen Städten laden Werbetafeln dazu ein, sich der Autorenbewegung anzuschließen, Buchautorin oder Buchautor zu werden und mit einem eigenen Werk zu glänzen.
Und während die Schneeflocken aus der grauen Himmelsdecke auf den Boden tänzeln, fliegen deine Gedanken in die entgegengesetzte Richtung. Wie schön wäre es, bekannt zu sein? Tosender Applaus nach Buchlesungen. Und danach bietet dir der Kellner im feinsten Restaurant der Stadt den besten Platz an – obwohl dieser gerade noch besetzt war. Der Gast, der gerade noch dort saß, war ein hochrangiger Politiker. Doch der darf seine Suppe nun im Eingangsbereich weiter auslöffeln. Ruhm und Ehre werden nun mal Star-Autoren zuteil. Das Geld fließt in Strömen und der Erfolg schmeckt honigsüß.
Schreib dein Buch – doch wie starte ich damit?
Schreib dein Buch. Gerne. Aber wie? Eine berechtigte Frage, die sich angehende Autoren stellen. Sie wollen nur zu gerne der Aufforderung auf dem Plakat nachkommen, viele Ideen und Erfahrungen teilen, das Wissen der Welt zur Verfügung stellen und eigene Fantasien zwischen zwei Buchdeckeln konservieren.
Ok. Der Wunsch, mit einem eigenen Buch durchzustarten ist geboren. Auf geht’s zur nächsten Überlegung. Worüber soll ich schreiben? Und es schließen sich weitere Fragen an: Was wollen andere lesen? Wer interessiert sich schon für mich? Gefällt meiner Zielgruppe das, was ich schreibe? Und wer ist meine Zielgruppe überhaupt? Die Fingerkuppen werden feucht. Das Herz wummert. Nervosität macht sich breit. Schreiberin und Schreiber sind wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Denn wenn es so einfach wäre, würde ja jeder Autor werden.
Ich brauche einen Ghostwriter – oder doch nicht?
Wer schreibt mein Buch, wenn es mir nicht gelingt? Lasse ich andere schreiben? Aber wie sollen sie wissen, was mir gefällt? Wie lasse ich sie in meine Gedanken eintauchen? Woran erkenne ich, ob diejenigen, die sich als professionelle Texter, Autoren oder Ghostwriter ausgeben, auch wirklich so gut schreiben können, wie sie behaupten? Woran erkennt man einen guten Text? Wieso kann ich mich mündlich so gut ausdrücken und blockiere, wenn es darum geht, meine Gedanken zu Papier zu bringen?
Sprechend Buchautor werden
Und was wäre, wenn ich mich einfach mit anderen Menschen über mein Thema unterhalte und die Gespräche aufzeichne? Ich unterhalte mich ja sowieso jeden Tag mit anderen Leuten, mit meinen Freunden, meiner Familie, manchmal sogar mit meinem Chef und fast immer auch mit meinen Kollegen.
Im Internet habe ich gelesen, dass, wenn ich nur jeden Tag eine Anekdote erzählen würde, mir dafür etwa 15 Minuten Zeit nehme, um die Geschichte möglichst präzise zu beschreiben, am Ende eines Monats mit 30 Tagen 56.250 Wörter auf meinem Diktiergerät aufgelaufen sein werden. Ich sollte mich möglichst präzise ausdrücken, genau beschreiben, was zu sehen ist. Wenn ich in meiner Erzählung von einem Baum spreche, damit eine Eiche meine, die einhundertfünfzig Jahre alt ist, deren Baumkrone nur mit einem Hubsteiger erreichbar wäre und für deren Abtransport wahrscheinlich 5 Vierzigtonner benötigt würden, dann sollte ich dies genau so erklären. Denn nur mit konkreten Bildern fängt der Text an zu leben.
Schreib dein Buch – die Motivation nimmt wieder zu.
Du kannst sprechen, also kannst du auch ein Buch schreiben. Verabschiede dich zunächst einmal von dem Gedanken, mit deinem Buch berühmt zu werden, viel Geld zu verdienen, den besten Platz im Restaurant zu bekommen. Der Lieferdienst tut es auch.
Hier geht’s zum Autoren-Training
Fang klein an. Mit 1250 Wörtern, das sind 10 Minuten Dialog. Oder mit 150 Wörtern. Oder mit 150 Zeichen. Übe einfach. Schreibe jeden Tag eine kurze SMS. Fange einen Gedanken ein und speichere ihn ab. Und wenn dir etwas besonders Interessantes einfällt, dann veröffentliche diese Textperle im 1-Million-Autoren-Buch, dem größten Buch aller Zeiten. Damit hast du es geschaft, bist Co-Autorin oder Co-Autor geworden, hast den ersten Schritt auf dem Weg in die Autorenschaft gemeistert. Und wenn es dir gelungen ist, 150 Zeichen zu verfassen, dann wirst du auch 1500 Zeichen, 15000 Zeichen und 150.000 Zeichen schaffen. Also: Schreib dein Buch: